Connect with us
Mit Branding zum Bestseller-Sachbuch

Wissen

Mit Branding zum Bestseller-Sachbuch

Viele angehende Sachbuchautoren träumen von einem Bestseller, der sie über Nacht reich macht. Doch wie realistisch ist dieser Wunsch? Michael Jagersbacher, Ghostwriter und Content-Experte, erklärt, worauf es wirklich ankommt, wenn ein Sachbuch mehr als nur Reputation einbringen soll.

Voraussetzungen für finanziellen Erfolg im Sachbuchbereich

Ein realistischer Blick auf die Erfolgschancen ist essenziell: Laut Michael Jagersbacher ist der Glaube, als unbekannter Autor ein Sachbuch zu veröffentlichen und damit schlagartig hohe Verkaufszahlen zu erzielen, ein weit verbreiteter Irrtum. »Die meisten Erstlingswerke im Sachbuchbereich schaffen kaum mehr als ein paar hundert bis wenige tausend verkaufte Exemplare«, erklärt er.  Grund dafür sei, dass potenzielle Käufer gerade bei Sachbüchern stark auf die Glaubwürdigkeit der oder des Schreibenden achten: Sie möchten von Experten lernen, nicht von Unbekannten. Wer keine nachweisbare Expertise oder ein entsprechendes Renommee mitbringt, hat es daher schwer, die Aufmerksamkeit der relevanten Zielgruppe zu gewinnen.

Solide Basis oder Community als Voraussetzung für Bestseller-Status

Erfolgreiche Autoren im Sachbuchbereich verfügen meist bereits vor der Buchveröffentlichung über eine stabile Plattform: etwa eine starke Social-Media-Präsenz, eine loyale Community durch regelmäßige Newsletter, Podcasts oder YouTube-Inhalte oder eine prominente Position in der eigenen Branche. Diese Reichweite ermöglicht es, ein Buch eigenständig bekannt zu machen und zumindest einen soliden Grundabsatz zu sichern. Jagersbacher betont zudem die Bedeutung eines konsistenten Expertenauftritts: Wer als Speaker, Berater oder in Fachmedien regelmäßig in Erscheinung tritt, baut Schritt für Schritt Reputation auf, die später für den Bucherfolg entscheidend ist.

Der Aufbau dieser Voraussetzungen ist langwierig und erfordert strategische Arbeit an der eigenen Positionierung. Ohne diesen Vorlauf bleiben selbst gut geschriebene Sachbücher im Regal liegen. »Ein Buch verkauft sich nicht, nur weil es geschrieben wurde. Es braucht eine vertrauenswürdige Person, die es trägt«, fasst Jagersbacher zusammen . Erst wenn Reputation, Expertise und Sichtbarkeit zusammenkommen, steigen die Chancen auf nennenswerte Verkaufszahlen deutlich.

Rolle des Verlags bei Verkauf und Reichweite

Ein etablierter Verlag kann den Erfolg eines Sachbuchs spürbar beeinflussen – jedoch nicht garantieren. »Verlage verfügen über ein Netzwerk aus Buchhandlungen, Multiplikatoren und Medienkontakten, das Autoren ohne Verlag meist komplett fehlt«, erläutert Jagersbacher. Durch diese Vertriebs- und Marketingstrukturen lassen sich Bücher in relevanten Kanälen platzieren und eine Grundreichweite sichern, was insbesondere bei weniger bekannten Autoren ein entscheidender Vorteil sein kann.

Auch Buchhändler greifen eher zu Titeln aus Programmen bekannter Verlage, weil sie davon ausgehen, dass diese eine professionelle Redaktion und ein bewährtes Vertriebssystem durchlaufen haben. Gleichzeitig gilt: Wer glaubt, der Verlag allein werde ein Buch zum Bestseller machen, irrt. »Ein Verlag ist nur ein Teil des Erfolgsrezepts«, so Jagersbacher. Ohne aktive Mitwirkung der Autoren beim Marketing und eine attraktive Thematik bleiben auch Verlagsbücher oft weit hinter den Erwartungen zurück.

Lukrative Themen: Chancen und Risiken

Die Auswahl des Buchthemas ist eine strategische Entscheidung mit weitreichenden Folgen für die Verkäuflichkeit eines Sachbuchs. Dennoch warnt Jagersbacher eindringlich vor kurzfristigen Modethemen. »Sachbücher entstehen nicht über Nacht. Wer einem Trend hinterherrennt, läuft Gefahr, dass dieser längst vorbei ist, wenn das Buch erscheint.« Zudem sollte das Thema immer zur eigenen Expertise und zum aufgebauten Personal Brand passen. Ein Wechsel in ein beliebtes Genre, das nicht zum bisherigen Auftritt passt, könne den gegenteiligen Effekt haben und die Glaubwürdigkeit massiv beschädigen.

Besonders lukrativ können Themen sein, die gesellschaftliche Entwicklungen aufgreifen und gleichzeitig auf eine nachhaltige Relevanz setzen, etwa Digitalisierung, Leadership, persönliche Weiterentwicklung oder aktuelle wirtschaftliche Herausforderungen. Doch selbst hier gilt laut Jagersbacher: Der Markt ist hart umkämpft, und ohne klare Positionierung als Experte droht man, im Büchermeer unterzugehen. Ein Buch sollte daher immer als Teil einer langfristigen Strategie gesehen werden, die die eigene Sichtbarkeit stärkt und Folgeaufträge ermöglicht – nicht als isoliertes Produkt, das allein auf schnelle Einnahmen abzielt.

Verkaufsmengen und finanzielle Perspektiven im Sachbuchmarkt

Die finanzielle Realität im Sachbuchgeschäft lässt sich ernüchternd genau beziffern: Nach Michael Jagersbachers Erfahrungen und Kalkulationen verbleiben den Autoren pro verkauftem Exemplar meist 1,50 bis maximal 3 Euro – je nach Verlag, Verhandlungsgeschick und Verkaufsmodell. Selbst wenn ein Buch 10.000-mal verkauft wird, was bereits weit über dem Durchschnitt liegt, summiert sich das auf etwa 15.000 bis 30.000 Euro brutto. Davon gehen jedoch noch Steuern und oft hohe Ausgaben für Eigenmarketing ab, wie Jagersbacher betont: »Ohne massive Investitionen in PR, Social Media oder Werbeanzeigen bleibt kaum ein Titel heute sichtbar.«

Stabilität eine Illusion?

Die Vorstellung, allein mit Buchverkäufen ein stabiles Einkommen zu erzielen, ist für die allermeisten Sachbuchautoren illusorisch. Insbesondere, weil sich solche Verkaufszahlen nicht nur schwer erreichen, sondern auch kaum aufrechterhalten lassen: »Selbst wenn man es einmal schafft, 10.000 Exemplare zu verkaufen, müsste man diese Menge jedes Jahr reproduzieren, um dauerhaft von den Erlösen leben zu können«, erklärt Jagersbacher. Angesichts der hohen Marktdynamik und der stetigen Neuerscheinungen sei das kaum realistisch – schon gar nicht für Erstautoren oder kleine Nischenthemen.

Ein weiteres Problem: Je größer der Bekanntheitsgrad des Autors, desto höher liegen oft auch deren Ansprüche an das Einkommen. Wer in seiner Branche bereits als Top-Experte etabliert ist und sich die Mühe macht, ein Buch zu schreiben, erwartet meist mehr als die 30.000 Euro Umsatz, die ein solcher Verkaufserfolg bringen würde. »Für viele Profis ist dieser Betrag eher ein Taschengeld im Vergleich zu Honoraren für Beratungsprojekte oder Keynotes«, stellt Jagersbacher klar. Deshalb sollte ein Sachbuch nie als alleinige Einnahmequelle geplant werden.

Zusatzerlöse durch Expertenstatus: Buch als Schlüssel zur Sichtbarkeit

Obwohl der direkte Erlös aus Buchverkäufen meist bescheiden bleibt, liegt der wahre Wert eines Sachbuchs oft in seinen indirekten Erträgen. Nach Jagersbachers Erfahrung kann ein klug vermarktetes Buch als »Visitenkarte in Buchform« dienen und ein Türöffner zu lukrativen Aufträgen sein. Wer ein überzeugendes Buch vorweisen kann, wird von Unternehmen oder Institutionen eher für Beratungen, Coachings oder Fachvorträge angefragt. Solche Leistungen bringen nicht selten Honorare im vier- oder fünfstelligen Bereich pro Auftrag, sodass sich die Investition in ein professionelles Buchprojekt mittel- bis langfristig auszahlen kann.

Darüber hinaus verschafft ein eigenes Sachbuch Autoren einen erheblichen Reputationsgewinn, der sich auf vielfältige Weise nutzen lässt: Für Medienanfragen, Podcast-Einladungen, Paneldiskussionen oder als Argument in Akquisegespräche mit neuen Kunden. »Das Buch ist ein Instrument, um sich als Experte im eigenen Themengebiet zu positionieren und sich von Mitbewerbern abzuheben«, erläutert Jagersbacher. Zudem kann es der Startschuss für eine nachhaltige Autorenkarriere sein, bei der künftige Bücher – mit wachsender Bekanntheit – größere Chancen auf Bestsellerzahlen haben.

Fazit: Sachbuch als Branding-Instrument statt Goldesel

Mit einem Sachbuch allein reich zu werden, bleibt die Ausnahme. Wer jedoch langfristig auf eine kluge Kombination aus Buch, strategischem Marketing und der eigenen Expertise setzt, kann ein Sachbuch als effektives Branding-Tool nutzen. Finanzielle Erfolge ergeben sich dabei meist weniger aus den Buchverkäufen selbst, sondern aus den sich daraus ergebenden Chancen im eigenen Business.

 

Info: Michael Jagersbacher ist Autor, Ghostwriter von über 40 Sachbüchern und Herausgeber des Finanzmagazins Creditanstalt, dem Wirtschaftsportal Steirische-Wirtschaft und der Buchplattform Buchinsider.

 

 

 

 

Bilder: Doris Mike/Michael Jagersbacher

Continue Reading

More in Wissen

To Top