Story
FinanzNerd: »Mein größter Fehler war es, ›zu spät‹ mit Social Media angefangen zu haben«
Simon Neumanns Karriere begann als Versicherungskaufmann, mittlerweile kann er jedoch als selbstständiger Finfluencer über 750.000 TikTok-Followern, über 360.000 YouTube-Abonnenten und über 190.000 Instagram-Followern vorweisen (@FinanzNerd). Sogar sein eigenes Buch über Steuern hat der »FinanzNerd« bereits herausgebracht. Uns hat Simon im Interview verraten, warum er sich für die Selbstständigkeit entschieden hatte und wieso Social Media einen großen Fortschritt in der finanziellen Bildung darstellt.
Du bist seit 20 Jahren in der Finanz-Welt unterwegs. Was war für dich der ausschlaggebende Punkt, um dich selbstständig zu machen?
Ursprünglich habe ich meine erste Ausbildung in der Versicherungswelt begonnen. Insofern war ich bei einem Versicherungsmakler tätig. In anderen Konzernen ging es sehr oft um den großen Einfluss der Führungskräfte und um das Thema »Was wollen wir als Abteilung erreichen?« und nicht unbedingt um den Kunden. Bei dem Versicherungsmakler, bei dem ich war, hatte ich dieses Gefühl aber überhaupt nicht. Da ging es um den Kunden und am Ende hat man dann die Gesellschaft rausgesucht, die dazu gepasst hat.
Das war der Punkt, weshalb ich mich gleich nach meiner Ausbildung selbstständig machen wollte: Ich wollte keinen haben, der mir sagt: »Simon, in diesem Quartal muss 20 Mal der Bausparer verkauft werden und wir wollen am besten noch 50 Reise-Krankenversicherungen loswerden.« Das war mir nichts und das ging einfach nur in der Selbstständigkeit und deswegen war der Schritt für mich eigentlich relativ klar.
Hast du dir alles zum Thema Finanzen selbst beigebracht oder hattest du Hilfe?
Ich hatte tatsächlich Hilfe und das im Rahmen einer ganz klassischen Ausbildung damals bei der IHK zum Versicherungskaufmann. Ich habe dann das Thema Bankbetriebslehre als extra Fach noch dazu gemacht und dann ging es noch weiter zu einer anderen Ausbildung. Ich habe mir auch viel Wissen extern geholt von Leuten, die das schon seit Jahrzehnten gemacht haben, um einen besseren Überblick zu haben.
Das ist auch oft eines der Probleme in der Finanzwelt: Man bringt sich durch »geringstufige Ausbildungen« relativ viel selbst bei und dann geht man zur Prüfung, besteht sie irgendwie mit Hängen und Würgen und hat dann halt die Zulassung. Dann ist man im gleichen Topf mit allen anderen und das ist für den Kunden von außen gar nicht so erkennbar: Habe ich es jetzt mit jemandem zu tun, der das wirklich seit Jahren macht und der eine absolute Fachkenntnis darin hat? Oder habe ich jemanden, der das »nebenberuflich mal einfach nur erlernt hat«? Es gibt natürlich über diesen Weg auch ganz tolle Leute und Experten, aber die Hürde ist natürlich eine andere, wenn ich mir ein halbes Jahr selbst was beigebracht habe und dann zur Prüfung gehe, als wenn man drei Jahre eine Ausbildung im Betrieb gemacht und jeden Tag gearbeitet hat.
Was würdest du als den größten Fehler bezeichnen, den du in deiner Karriere gemacht hast – und was hast du daraus gelernt?
Mein größter Fehler war tatsächlich, »zu spät« mit Social Media angefangen zu haben. Die Idee gab es schon viel früher, doch dann sind nochmal so ein, zwei, drei Jahre vergangen, in denen es immer wieder hieß: »Starte ich jetzt damit oder starte ich nicht damit?« Das ist eigentlich der größte Fehler in der Selbstständigkeit: dass ich einfach zu lange gewartet habe. Wir waren ja schon auf YouTube sehr erfolgreich, aber haben erst spät mit TikTok und dann auch mit Instagram begonnen. Da wären wir wahrscheinlich heute noch erfolgreicher, wenn wir einfach früher damit begonnen hätten.
Warum ist für viele Menschen das Thema Geld immer noch ein Tabu-Thema?
Das hat sicherlich mehrere Gründe. Ich selbst komme noch aus einer Generation, in der es von den Eltern immer hie: »Über Geld spricht man nicht.« Das hat sich sicherlich auch gewandelt. Wir sehen ja, dass es auf Social Media und in vielen anderen Bereichen ein immer größeres Thema wird, also auch mehr Offenheit und Transparenz herrscht. Aber letztendlich macht Geld irgendwo auch vergleichbar und das hat natürlich die Gefahr, dass man sich dann vielleicht schlechter fühlt, weil jemand anderes mehr Geld hat.
Das sind alles Themen, die es dann natürlich schwierig machen. Wir müssen es aber ändern. Nur so kann man auch seine eigene finanzielle Situation auch nachhaltig verbessern: indem man darüber spricht. Indem man sich Tipps und Informationen holt und dann auch eine eigene Motivation entwickelt, sich dem Thema zu widmen, anstatt das einfach so still und heimlich im Kämmerlein zu machen. Vielleicht legt man 15 Jahre lang sein Geld aufs Sparbuch und dort versauert es, weil man sich einfach nicht die Infos geholt hat, die man gebraucht hat, und das wäre natürlich sehr schade.
Warum nutzt du gerade Social Media, um deine Tipps weiterzugeben? Welche Möglichkeiten siehst du in der Zukunft von Instagram und Co. für die Vermittlung von finanzieller Bildung?
Social Media ist ganz klar das Mittel der Wahl gewesen bzw. auch der Punkt, weshalb ich überhaupt mit dem Ganzen angefangen habe. Ich war damals schon über zehn Jahre in der Finanzberatung aktiv. Ich habe mir einfach gewünscht, nicht jedem Kunden von neuem erklären zu müssen, dass ich anders bin, sondern einfach viele Menschen mit meinen Tipps zu erreichen und das auch kostenlos. Durch die Videos wollte ich letztendlich einen Mehrwert herstellen. Damals wusste man auch noch gar nicht, was daraus entstehen kann.
Und die Möglichkeiten für Instagram und Co. sind natürlich riesig in der Zukunft: Wir sehen täglich neue Kanäle von Personen und Firmen reinkommen. Irgendwann wird es in diesem Bereich sicherlich auch eine Regulation geben müssen. Da gibt es ja auch in der Finanzbranche gewisse Ausbildungen, die man haben muss, um Leute zu beraten. Mal schauen, was dazu kommt.
Im Moment sehen wir es aber so, dass es trotz der Nachteile – wie etwa der falschen Wissensvermittlung – auch viele Vorteile gibt, nämlich, dass Menschen sich von der Couch aus mit dem Thema befassen können und sich nicht irgendeinem Berater anvertrauen müssen. Sie bekommen Zugang zu Wissen und das finde ich einen großen Punkt. Den sollten wir aktuell nutzen und in den Vordergrund stellen.
Bild: FinanzNerd
