Story
Walt Disney: Die Erfolgsstory
Am Anfang lachten alle über ihn – am Ende lachten alle mit ihm
Von Dr. Rainer Zitelmann, Auszug aus dem Buch „Setze dir größere Ziele“
Die Walt Disney Company ist heute mit rund 223.000 Mitarbeitern und einem Umsatz von etwa 52,5 Milliarden Dollar eines der größten Medienunternehmen der Welt. Begonnen hat alles im November 1919, als der 18-jährige Walt Disney den gleichaltrigen Ub Iwerks in einem Werbestudio kennenlernte. Schon nach kurzer Zeit wurden beide entlassen und beschlossen daraufhin, die Iwerks-Disney Commercial Artists zu gründen. Weil die Geschäfte hier jedoch schlecht liefen, musste Disney parallel zu seiner unternehmerischen Arbeit eine feste Stelle als Trickfilmzeichner annehmen, um durch sein Gehalt das Überleben des jungen Unternehmens zu sichern.
Im Mai 1922 gründete Disney die Laugh-O-Grams Inc., eine Trickfilmproduktionsgesellschaft mit 15.000 Dollar Grundkapital. Weil er in geschäftlichen Dingen unerfahren war und Verträge mit zu langen Zahlungszielen vereinbart hatte, wurde die Firma jedoch schon im Juni 1923 zahlungsunfähig und meldete Insolvenz an. Nach der Insolvenz ging Disney nach Hollywood – sein Biograf Andreas Platthaus vermutet, ein Grund dafür sei, „dass der gescheiterte Firmenchef fortan einige tausend Kilometer von den Anteilseignern der Laugh-O-Grams-Gesellschaft entfernt wirken konnte. Diese Investoren waren nunmehr seine Gläubiger geworden, und deren Geldforderungen hätten einen neuen Start in Kansas City unmöglich gemacht.“
Im Oktober 1923 gründete Disney zusammen mit seinem Bruder Roy das Disney Brothers Cartoon Studio und produzierte unter anderem Alice’s Wonderland, eine Kombination von realem Film mit Schauspielern und Zeichentrickanimationen. In nicht einmal drei Jahren produzierte er 34 Filme dieser Serie. Doch schließlich konnte er die wichtigste Schauspielerin, Virginia Davis, nicht mehr bezahlen. Die Ersatzschauspielererinnen waren nicht mehr so gut, und so stellte er Anfang 1927 die Produktion der Alice-Serie ein und begann, Filme mit einer lustigen Tiergestalt als Titelheld zu produzieren.
Disney verfolgte hierbei einen neuen Ansatz. Bisher waren Tiere in Zeichentrickproduktionen nicht „menschlich“ genug, damit sich die Zuschauer mit ihnen identifizieren konnten. Er wollte Tiere darstellen, die sprechen und lachen konnten, doch mit seiner Idee erntete er zunächst nur verständnisloses Kopfschütteln und Spott.
Ein erster Erfolg gelang ihm mit der Figur „Oswald“, einem lachenden Hasen. „Mit Oswald schien Walt Disney zum ersten Mal in seinem Leben ausgesorgt zu haben, doch wie noch mehrmals sollte sich das neue Gefühl finanzieller Sicherheit als Trugschluss erweisen.“ Disney hatte bei seinen Verträgen nicht beachtet, dass das Copyright für die Filme bei dem Filmverleih lag, der damit berechtigt war, jederzeit ein anderes Studio mit der Produktion der Oswald-Filme zu beauftragen. Als Disney versuchte, das bislang sehr moderate Honorar pro Film von 2250 auf 2500 Dollar nachzuverhandeln, erklärte ihm sein Verhandlungspartner, er sei nur noch bereit, 1800 Dollar zu zahlen. Und zudem schockierte er Disney mit der Drohung, er habe bereits mit einigen seiner engsten und besten Mitarbeiter gesprochen, die bereit seien, auch für ein anderes Studio als für Disney zu arbeiten und dort ihre Oswald-Animationen zu produzieren.
Diese Probleme trugen mit dazu bei, dass Walt Disney nach einer neuen Figur suchte, und die fand er in der von UbIwerks gezeichneten „Mickey Mouse“, die ihm zum Durchbruch verhelfen und weltbekannt machen sollte. Der erste Film, in dem Mickey Mouse zu sehen war, hieß Plane Crazy, es folgten zahllose weitere, und 1932 wurde Disney für die Erfindung der Maus sogar mit dem Ehren-Oscar ausgezeichnet.
In den folgenden Jahren kreierte Disney weitere Figuren, so etwa Goofy (1932) oder Donald Duck (1934). Große Anerkennung gewann er für die Produktion des ersten abendfüllenden Zeichentrickfilms, Schneewittchen und die sieben Zwerge, für den er 1937 ebenfalls einen Oscar erhielt. Nach dem Zweiten Weltkrieg produzierte er zahlreiche Abenteuerfilme wie Die Schatzinsel oder 20.000 Meilen unter dem Meer. Mehrmals jedoch stand er vor dem finanziellen Ruin – 1950 rettete nur der Erfolg des Films Cinderella das Unternehmen vor der Pleite.
1948 hatte Disney die Idee, einen „Mickey Mouse“-Park auf einem 45.000 Quadratmeter großen Areal gegenüber seinem Studio zu errichten, um Besuchern eine Attraktion zu bieten. Bald schon sah er jedoch, dass dieses Grundstück zu klein war, um seine Pläne zu verwirklichen, und er suchte ein neues Grundstück, das er in der damals 20.000 Einwohner zählenden Stadt Anaheim in Kalifornien entdeckte. Er fand nur sehr schwer Geldgeber für das Projekt, das er nun Disneyland nannte, und steckte sein gesamtes angespartes Geld in die Entwicklung. Sein Bruder Roy riet ihm dringend von der Realisierung des Projektes ab, da das Studio nicht genügend Gewinn abwerfe, um es zu finanzieren.
Doch Walt Disney ließ sich nicht entmutigen und ersann ganz neue Wege zur Finanzierung seines Lieblingsprojektes. Er schlug dem neu gegründeten Fernsehsender ABC vor, jede Woche eine Fernsehshow aus seinem (alten) Trickfilmmaterial zu produzieren, wenn der Sender sich dafür an der Entwicklung von Disneyland beteiligte.
Das war eine geniale Idee, denn einerseits schaffte er damit eine neue Verwertungsform für seine Kurzfilme, die im Kino kaum noch gezeigt wurden, andererseits hatte er eine Lösung für die Finanzierung von Disneyland gefunden. Tatsächlich erwarb ABC für 500.000 Dollar 34,5 Prozent Anteile an der Disneyland Inc. Zusätzlich bürgte der Sender für Kredite in einer Höhe von bis zu 4,5 Millionen Dollar. Zudem gewann Disney Firmen wie Ford oder General Electric, die in Disneyland eigene Attraktionen finanzierten – was für diese wiederum eine kostenlose Werbung bedeutete. Disney erwies sich also nicht nur als ausgesprochen ideenreich bei der Erfindung immer neuer Tierfiguren und Filmthemen, sondern auch im Bereich der Finanzierung seines Projektes.
Die Eröffnung des Parks war einerseits ein Erfolg, weil statt der erwarteten 11.000 Besucher mehr als 28.000 kamen – aber andererseits war die Eröffnung ein Fiasko, weil nichts richtig funktionierte und der Park nicht auf den Besucherstrom vorbereitet war. Zudem zeigte sich rasch, dass das Grundstück viel zu klein war, obwohl es immerhin 170.000 Quadratmeter maß. Schon bald siedelten sich links und rechts des Themenparks Hotels und Konkurrenzunternehmen an, „die Disneyland Einnahmen wegschnappten und alle Träume des Erbauers, hier ein geschlossenes Fantasiereich zu errichten, gegenstandslos werden ließen“.
Doch Disney ließ sich wiederum nicht entmutigen und kaufte in den 60er-Jahren Stück für Stück ein Gelände in der Nähe von Orlando in Florida zusammen, das die Grundfläche des Themenparks in Anaheim um das 650-Fache übertraf. Disney, der 1966 starb, sollte zwar die Eröffnung dieses gigantischen Parks im Jahre 1971 nicht mehr miterleben. Aber seine Idee, über die am Anfang alle lachten und die er nur mit größter Mühe finanzieren konnte, erwies sich als gigantischer Erfolg. Heute gibt es 13 Disneyparks in vier verschiedenen Ländern auf drei verschiedenen Kontinenten.
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