Erfolg
Junge Rebellen: „Ich musste fast kotzen“
Viele junge Rebellen wurden später erfolgreiche Menschen – Milliardäre wie Steve Jobs, Warren Buffett oder Larry Ellison – lernten bereits in ihrer Kindheit und Jugend, sich in harten Auseinandersetzungen mit starken Autoritätspersonen durchzusetzen. Eine Fähigkeit, die ihnen in ihrem späteren Leben sehr zugute kam.
Steve Jobs war als Jugendlicher ein Rebell und suchte die Konfrontation mit Eltern und Lehrern. Wegen schlechten Benehmens und Aufsässigkeit gegen seine Lehrer wurde er wiederholt von der Schule ausgeschlossen. Er weigerte sich, Hausaufgaben zu machen – dies sei reine Zeitverschwendung. „Ich habe mich in der Schule ziemlich gelangweilt und mich daher zu einem kleinen Monster entwickelt“, bekennt Steve Jobs. Er war Anführer einer Gruppe, die Bomben hochgehen ließ und Schlangen im Klassenzimmer aussetzte. „Wir haben im Grunde jeden Lehrer geschafft.“
Seine Eltern verzweifelten zunehmend. Er sagte schließlich, er weigere sich künftig, in die Schule zu gehen. Daraufhin zogen sie um. „Bereits im Alter von elf Jahren“, so heißt es in seiner Biographie, „vermochte Steve also bereits genug Willensstärke an den Tag zu legen, um seine Eltern von einem Wohnungswechsel zu überzeugen. Die für ihn so typische Intensität, die Unbeirrbarkeit, die er aufbringen konnte, um sich jedes Hindernis aus dem Weg zu räumen, war bereits damals nicht zu übersehen.“
Mit 16 Jahren trug Jobs seine Haare schulterlang, nahm Drogen und ging kaum noch in die Schule. Schließlich fasste er den Entschluss, auf das Reed College in Portland, Oregon zu wechseln, das erste liberale kunstorientierte College im nordwestlichen Pazifikraum. Seine Eltern waren geschockt – vor allem von dem hohen Preis, den sie eigentlich nicht bezahlen konnte und von der weiten Entfernung von zu Hause. Seine Mutter berichtet: „Steve erklärte, Reeds sei das einzige College, auf das er gehen wolle. Und wenn er da nicht hingehen könne, dann würde er nirgendwo hingehen.“
Die Eltern gingen an ihre Ersparnisse und schickten ihn auf das College. Der Dekan erinnert sich: „Mit platten Aussagen kam man bei ihm nicht davon. Von vornherein festgelegte Wahrheiten weigerte er sich zu akzeptieren.“ Schließlich schmiss er auch auf dem Reed College das Studium, es gelang ihm jedoch, auf Kosten des Colleges weiter dort zu leben.
Oracle-Milliardär Ellison sabotierte alles, was ihm gegen den Strich ging
So wie Jobs wurde auch Larry Ellison, Begründer der Firma Oracle und heute einer der reichsten Milliardäre der Vereinigten Staaten, als Kind adoptiert. Mit seinem Vater hatte er ständig Konflikte. „Offensichtlich war das Einzige, was Ellison und seinen Vater miteinander verband, die Tatsache, dass sie immer verschiedener Meinung waren“, heißt es in seiner Biographie. Laut Ellison war sein Vater ein extremer Konformist. „Mein Vater war nicht sehr rational. Mein Vater glaubte, dass das, was die Regierung sagte, immer richtig sei. Und wenn die Polizei jemanden verhaftete, dann war derjenige immer schuldig.“1 Auch die Lehrer hatten nach Meinung seines Vaters immer recht.
Nicht nur Ellison hatte wenig Respekt für seinen Vater, auch sein Vater hatte wenig Hoffnung für seinen Adoptivsohn. Immer wieder sagte er ihm, dass er es im Leben bestimmt zu nichts bringen werde. Für Ellison war das jedoch nichts anderes als eine großartige Motivation. Er wollte seinem Vater beweisen, dass dieser Unrecht hatte. Auch Ellisons Freunde spürten die großen Spannungen, die er mit seinem Vater hatte. „Er hasste seinen Vater. Er hatte kein besonders schönes Familienleben“, so ein Freund von Larry.
Die Konflikte mit seinem Vater setzten sich in der Schule mit den Lehrern fort. Ellison war nicht bereit, Dinge zu lernen, deren Sinn ihm selbst nicht einleuchtete. Er sabotierte alles, was ihm gegen den Strich ging. Und da sich diese Einstellung nach dem Ende der Schule in den Firmen fortsetzte, in denen er arbeitete, sah er schließlich ein, dass der einzige Weg für ihn war, seine eigene Firma zu gründen, in der er selbst bestimmen konnte, was richtig und was falsch sei.
Bill Gates: In der Schule galt er als „provokant und streitsüchtig“
Bill Gates hatte in der Schule sehr gute Noten, besonders in Mathematik, aber auf der anderen Seite galt er als „provokant und streitsüchtig“ gegenüber seinen Lehrern. Typisch dafür war eine Auseinandersetzung, die er in der zehnten Klasse mit seinem Physiklehrer hatte. „Die beiden standen vorne auf dem Podest, wo die Experimente vorgeführt wurden. Gates überschrie den Lehrer, fuchtelte ihm mit dem Finger vor der Nase herum und versicherte ihm, dass er ganz und gar unrecht hätte.“ In der Biographie über Gates wird berichtet: „Mit Leuten, die nicht so schnell von Begriff waren wie er selbst, konnte Gates sehr ungeduldig sein, und das galt auch für Lehrer.“
Bill Gates hatte ein besseres Verhältnis zu seinen Eltern als die meisten anderen später erfolgreichen Menschen. Doch konfliktfrei war es keineswegs. Zu einem schweren Konflikt mit den Eltern kam es, als er sich entschloss, sein Studium in Harvard abzubrechen. Gates sagte, er sei nach Harvard gekommen, weil er gehofft hatte, hier Leute zu treffen, die ihm intellektuell überlegen waren, doch die fand er auch an dieser renommierten Eliteuniversität nicht. Eines Tages erklärte er seinen Eltern, dass er seine eigene Firma gründen wolle, und zwar in Albuquerque, New Mexico.
Die Eltern taten alles, um ihren Sohn von dieser aus ihrer Sicht fatalen Fehlentscheidung abzubringen. Sie baten einen guten Bekannten, der großes Ansehen als erfolgreicher Geschäftsmann genoss, sich mit ihrem Sohn zu treffen, um ihn von seiner absurden Idee abzubringen. Gates erzählte ihm von seinen Plänen und von der bevorstehenden Personal-Computer-Revolution. Eines Tages, so Gates, werde jeder Mensch seinen eigenen PC besitzen. Der Bekannte, der von den Eltern eigentlich gebeten worden war, Bill von seinem Vorhaben abzubringen, bestärkte ihn stattdessen darin. Seine Eltern waren schockiert, als ihr Sohn schließlich doch die Universität verließ – um die Firma Microsoft zu gründen, mit der er der reichste Mann der Welt wurde.
Vater von CNN-Gründer Ted Turner: „Ich musste fast kotzen“
Schwere Konflikte mit dem Vater und den Lehrern sowie mehrmalige Verweise von der Schule bzw. der Uni zeichneten die Jugend von Ted Turner aus, dem Mann, der den Nachrichtensender CNN erfand, der heute als Medienunternehmer mehrfacher Milliardär und der größte Grundbesitzer der Vereinigten Staaten ist. Seine Eltern meldeten ihn in McCallie an, einer exklusiven Jungenschule in Chattannooga, Tennessee, eine der strengsten Internatsschulen des Südens. Turner selbst berichtet über seine Zeit an dieser Schule: „Ich tat alles, was ich konnte, um gegen das System zu rebellieren. Stets hatte ich Tiere und solche Sachen in meinem Zimmer, geriet dauernd in Schwierigkeiten und musste anschließend meine Strafe wie ein Mann hinnehmen.“ Er habe sogar das Internat dazu gebracht, das gesamte Disziplinarsystem zu überdenken. „Ich hatte mehr Strafpunkte als jeder andere in der Schulgeschichte. Für jeden Punkt musste man eine Viertelmeile marschieren. Man hatte am Wochenende nur eine begrenzte Zeit zum Marschieren, und was man nicht schaffte, wurde aufs nächste Wochenende übertragen.“ Turner hatte jedoch bereits in seinem ersten Jahr am Internat über 1000 Strafpunkte gesammelt, was mehr Meilen entsprach, als man marschieren konnte. „Folglich mussten sie ein neues System entwickeln, in dem man nicht unendlich viele Strafpunkte bekommen konnte.“
Später, als Turner an der Brown University in Providence studierte, setzten sich die Konflikte fort. Wegen wiederholten Randalierens, lauten Verhaltens auf dem Campus und zahlreicher Regelverletzungen wurde er zunächst suspendiert. Nachdem er sein Studium wieder aufgenommen hatte, änderte sich das Verhalten jedoch nicht. Als er mit einem Mädchen im Schlafraum erwischt wurde – ein Regelverstoß, dessentwegen zuvor schon 21 andere Studenten suspendiert worden waren -, flog er endgültig von der Uni.
Damit hatte sich dann auch ein schwerer Streit mit seinem Vater „erledigt“, bei dem es um den Studienwunsch seines Sohnes gegangen war. In einem Brief an Ted schrieb dessen Vater: „Mein lieber Sohn, ich bin entgeistert, ja entsetzt, dass Du Klassische Philologie als Hauptfach gewählt hast. Auf dem Heimweg hätte ich heute sogar beinahe gekotzt … Deine Fächer bringen Dich in eine Interessengemeinschaft von ein paar isolierten, unpraktischen Träumern und einer kleinen Gruppe von Collegeprofessoren.“ Sein Brief endete mit der Warnung: „Ich glaube, Du wirst ganz rasch ein Esel, und ich halte es für das Beste, dass Du möglichst bald aus dieser muffigen Atmosphäre rauskommst.“ Turners Rache: Er sorgte dafür, dass der Brief seines Vaters wörtlich im redaktionellen Teil des Daily Herald abgedruckt wurde. Obwohl dies anonym geschah, war sein Vater außer sich und tobte regelrecht.
Warren Buffett: Den Lernstoff unter der Tür durchgeschoben
Auch Warren Buffett hatte in seiner Jugend erhebliche Auseinandersetzungen mit den Eltern, mit den Lehrern – und geriet sogar mit der Polizei in Konflikt. Buffett selbst bezeichnet sein Verhalten im Rückblick als „asozial“: „Ich gab mich mit schlechten Menschen ab und tat Dinge, die ich nicht hätte tun sollen. Ich rebellierte einfach. Ich war unglücklich.“
Seine Eltern waren bestürzt über Warrens Verhalten. Ende 1944 war er, so schreibt seine Biographin, „zum schlimmsten Delinquenten seiner Schule geworden“. Er hatte nicht nur schlechte Noten, sondern er war so schwierig, dass sich die Lehrer nicht mehr anders zu helfen wussten, als ihn allein in ein Zimmer zu setzen und ihm den Lehrstoff unter der Tür durchzuschieben. „Ich war ein echter Rebell … Ich stellte sämtliche Rekorde in unangemessenem Verhalten auf“, erinnert sich Buffett. Am Tag der Abschlussfeier mussten die Schüler mit Anzug und Krawatte erscheinen, Buffett weigerte sich. „Sie ließen mich nicht gemeinsam mit meiner Klasse an der Zeugnisverleihung teilnehmen, weil ich so ein Störenfried war und nicht die angemessene Kleidung tragen wollte.“
Coco Chanel: Auflehnung macht ein Kind stark
„Rebellion“ und der Mut, anders zu sein, waren auch das Leitmotiv des Lebens von der französischen Modeschöpferin Coco Chanel. In ihrer Autobiographie schreibt sie: „Schon als Kind war ich ein Rebell, in der Liebe ein Rebell, ein Rebell auch in der Modebranche – ein echter Luzifer.“ Ihr Stolz sei es gewesen, der sie zum Rebellen gemacht habe. Dieser Stolz, so Chanel, „erklärt mein störrisches Naturell, mein zigeunerhaftes Bedürfnis nach Unabhängigkeit … Er ist aber auch das Geheimnis meiner Kraft und meines Erfolges.“
Ihre Philosophie: „Auflehnung macht aus einem Kind einen Menschen, der gegen alles gewappnet und sehr stark ist.“ „Unterordnen kann ich mich nicht“, so Chanel, „ich bin eben – wie so oft behauptet – eine Anarchistin.“ In der Tat scheint es so zu sein, dass sich die Durchsetzungskraft eines Menschen oftmals gerade in den Konflikten entwickelt, die er in seiner Kindheit und Jugend durchzumachen hat. Die Auflehnung und Rebellion gegen die Autorität stärken das Gefühl der eigenen Unabhängigkeit und das Selbstbewusstsein, das eine wichtige Voraussetzung für den späteren Erfolg ist. Das Leben von Chanel ist ein Beispiel dafür.
Werbegenie Ogilvy: „Ich verabscheute Spießer“
In dem Zeugnis des großen Werbegenies David Ogilvy stand, er habe zwar einen ausgesprochen eigenständigen Verstand und könne sich gut in seiner Muttersprache ausdrücken. „Er neigt jedoch dazu, sich mit seinen Lehrern anzulegen, und versucht sie davon zu überzeugen, dass er recht habe und in den Büchern Falsches stehe; vermutlich nur ein weiteres Zeichen seines unabhängigen Geistes. Dennoch würden Sie als Eltern gut daran tun, ihn dabei zu unterstützen, sich diese Eigenheit abzugewöhnen.“ Als Ogilvy berühmt war, hielt er zum Gründungsjubiläum seiner ehemaligen Schule einen Vortrag, in dem er gestand: „Ich verabscheute die Spießer, die den Ton angaben. Ich war ein unversöhnlicher Rebell – ein Außenseiter … Es gibt keinen Zusammenhang zwischen Erfolg in der Schule und Erfolg im Leben!“
Schachgenie Kasparow: „Bin ich denn etwa nicht schlauer als die Lehrer?“
Wahrscheinlich fühlten sich viele der hier vorgestellten Persönlichkeiten – Männer wie Warren Buffett, Bill Gates oder Steve Jobs – ihren Lehrern intellektuell weit überlegen – und waren dies ja auch tatsächlich. Garri Kasparow, der erfolgreichste Schachspieler aller Zeiten, erinnert sich an seine Schulzeit: Seine Lehrerin rief zu Hause bei den Eltern an und beschwerte sich, dass er ihre Aussagen im Unterricht anzweifelte, was ja im sowjetischen Schulsystem absolut unüblich war. Die Lehrerin forderte Kasparow auf, dies künftig bleiben zu lassen, weil es sonst ja so aussehe, als hielte er sich für schlauer als alle anderen. Kasparow erwiderte daraufhin nur: „Aber bin ich das denn nicht?“
Autor:
Bildquellen: Rainer Zitelmann, depositphotos.com/maxximmm1