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Erfolg

Alex Kantrowitz: Immer wie am ersten Tag

Alex Kantrowitz enthüllt, was die größten Tech-Giganten antreibt, sich immer wieder neu zu erfinden.

Während einer Amazon-Betriebsversammlung im März 2017 stand ein fitter, selbstbewusster Jeff Bezos vor Tausenden seiner Mitarbeiter, schaute auf einen Stapel Notizen hinunter und las mit dem Ausdruck milder Enttäuschung eine zuvor eingereichte Anfrage vor. »Okay, ich glaube, das ist eine sehr wichtige Frage«, sagte Bezos. »Wie sieht Tag zwei aus?« Während der letzten 25 Jahre hatte Bezos seine Beschäftigten gedrängt, jeden Tag so zu arbeiten, als sei es Amazons erster. Und nun, da Amazon auf einen Marktwert von 1 Billion Dollar zumarschierte und jährlich um schätzungsweise 100 000 Mitarbeiter wuchs, bat ein (vielleicht hoffnungsfroher) Angestellter Bezos darum, sich Tag zwei vorzustellen.

»Wie sieht Tag zwei aus?«, fragte Bezos. »Tag zwei ist Stillstand, gefolgt von Bedeutungslosigkeit, gefolgt von quälendem, schmerzlichem Niedergang, gefolgt vom Tod.« Gelächter brandete auf. Für die Tausende von Mitarbeitern war Bezos’ Demontage ihres namenlosen Kollegen, der sich aufs Glatteis vorgewagt hatte, ein Spaß. Während die Menge applaudierte, hielt Bezos inne, lächelte schief und beendete das Meeting: »Und deshalb ist es immer Tag eins.«

»Tag eins« ist bei Amazon allgegenwärtig.

Es ist der Name eines zentralen Gebäudes, es ist der Titel des Unternehmensblogs und es ist ein wiederkehrendes Thema in Bezos’ jährlichem Brief an die Shareholder. Und auch wenn man versucht sein mag, es als Aufforderung zu unermüdlicher Arbeit zu verstehen, besonders bei dem bekanntermaßen anspruchsvollen Unternehmen Amazon, hat »Tag eins« noch eine tiefere Bedeutung. »Tag eins« ist bei Amazon der Code für innovieren wie ein Start-up ohne große Rücksicht auf Altlasten. Es ist ein Eingeständnis, dass die Konkurrenz heutzutage neue Produkte in Rekordgeschwindigkeit schaffen kann – insbesondere dank der Fortschritte bei künstlicher Intelligenz und Cloud-Computing –, also muss für die Zukunft vorgesorgt werden, notfalls auf Kosten der Gegenwart. Es ist die Abkehr von den Methoden, mit denen Unternehmensgiganten wie GM und Exxon einst unsere Wirtschaft beherrschten: durch die Entwicklung von Kernvorteilen, Verbarrikadieren und Verteidigung um jeden Preis. Sich auf bestehenden Geschäftsmodellen auszuruhen, ist keine Option mehr. In den 1920er-Jahren betrug die durchschnittliche Lebenserwartung eines Fortune-500-Unternehmens 67 Jahre. Im Jahr 2015 waren es noch 15. Wie sieht Tag zwei aus? Er sieht ziemlich nach Tod aus.

Den gesamten Buchauszug „Immer wie am ersten Tag“ von Alex Kantrowitz, finden sie in der brandneuen founders Magazin Ausgabe Nr. 22 -> LINK

Bild: Imago / ZUMA Press

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