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Adressen kaufen – ist das legal?

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Adressen kaufen – ist das legal?

Ob Influencer-, Content-, Social-Media-, Guerilla- oder Direktmarketing – am Ende verfolgt jede Marketingstrategie dasselbe Ziel: dem richtigen Menschen zur richtigen Zeit die richtige Botschaft zu vermitteln. Auf die eine oder andere Weise kommen dabei fast immer die Adressdaten der Zielgruppe ins Spiel – ob über öffentliche Quellen, Social Media, Gewinnspiele, Informationsveranstaltung oder auf anderen Wegen.

Eine vermeintliche Abkürzung bieten Adresshändler, auch Listbroker genannt. Läge schnell und unkompliziert eine Liste mit Adressen der Zielgruppe vor, könnte sich immerhin das Budget für aufwendige Online- und Offline-Kampagnen gespart und die Zielgruppe ganz einfach und systematisch per Post angesprochen werden. Nach zahlreichen Skandalen um Fälle von Datenmissbrauch durch Konzerne wie Cambridge Analytica, Facebook, Google und Co. kommt man nicht umhin, sich die Frage zu stellen: Ist der Handel mit Adressen überhaupt legal? Das haben wir Merle Baehr vom Adresshändler Adress-Base gefragt.

Schreckgespenst DSGVO

Auf das Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) 2018 folgten im Jahr 2019 erste Gerichtsurteile, die vor allem großen Konzernen mit ausgeprägter Datensammelwut hohe Geldstrafen auferlegte. Die meisten Unternehmen reagierten schnell und passten ihre Verfahren zur Datenerhebung und -speicherung an die Richtlinien der neuen EU-Verordnung an. Was aber ist mit dem Kaufen von Adressen zwecks Direktmarketings und Neukundenakquise? Ist das noch möglich?

Es müsse immer zwischen dem Handel mit Firmenadressen und dem Handel mit Privatadressen unterschieden werden, so Merle Baehr. Beispielsweise seien juristische Personen vom Schutz durch die DSGVO ausgenommen. »Address-Base verkauft ausschließlich Firmenadressen und bezieht diese Daten aus öffentlich zugänglichen Quellen«, erläutert die Vertreterin des Adresshändlers. Veröffentlichte Daten dürfen somit von Adresshändlern generiert und verkauft werden.

Was mit und ohne Werbeeinwilligung geht

»Trotzdem ist nicht jede Form der Werbung mit gekauften Adressen erlaubt«, mahnt Baehr. Für E-Mail- und Faxwerbung werde eine vorherige Werbeeinwilligung (Opt-In) des Adressaten benötigt. Diese Regelung gelte gleichermaßen für Firmenkunden und Privatkunden. Die Telefonwerbung sei bei Firmenkunden nur dann zulässig, wenn eine mutmaßliche Einwilligung vorliegt. Bei Privatkunden müsse wiederum eine Einwilligung erhoben werden.

»Liegt eine Werbeeinwilligung vor, dürfen E-Mails und Faxe verschickt werden, ohne mit Konsequenzen rechnen zu müssen«, so die Expertin. Allerdings sei ein Käufer von Adressen immer selbst für die Erhebung der entsprechenden Werbeeinwilligungen verantwortlich, da diese weder übertragbar noch verkäuflich seien. Merle Baehr rät: »Am unkompliziertesten erweist sich die postalische Werbung, da hier keine vorherige Einwilligung vonnöten ist. Auch ein Anruf ist möglich, wenn das vertriebene Produkt oder die Dienstleistung von Interesse für das kontaktierte Unternehmen ist.«

Die möglichen Risiken

Risiken entstehen der Expertin zufolge nur dann, wenn Informationen genutzt werden, für die eine Werbeeinwilligung erforderlich ist. Werde beispielsweise eine E-Mail ohne Opt-In verschickt, könne im schlimmsten Fall eine Abmahnung mit Strafzahlung erfolgen. Auch sei bei der postalischen Werbung die Auskunftspflicht über die Herkunft der Daten zu beachten. Hier genüge meistens ein Verweis in der Fußzeile. Den Kunden müsse außerdem die Möglichkeit gegeben werden, sich von unerwünschter Werbung abzumelden.

Als ein zusätzliches Risiko könne sich auch der Kauf von veraltetem Adressmaterial entpuppen. »Stellt sich nämlich im Nachhinein heraus, dass die gekauften Daten inaktuell sind, wurde viel Geld in eine erfolglose Kampagne investiert«, erläutert Baehr.

Wie man sich als Unternehmen rechtlich absichert

Als Unternehmen sollte man eine schriftliche Interessensabwägung verfassen, lautet der Expertenrat. In einer solchen wird belegt, dass sich damit auseinandergesetzt wurde, wie datenschutzkonform geworben werden kann. Durchläuft ein Unternehmen eine datenschutzrechtliche Prüfung, sei es vorteilhaft, ein solches Dokument vorliegen zu haben. Darin müsse dargelegt werden, warum das Interesse Werbung zu machen gewichtiger sei als der Schutz der Betroffenen. »Ein Grund wäre, dass die werbende Firma Kunden gewinnen muss, um Umsatz zu generieren und das Weiterbestehen des Unternehmens zu gewährleisten«, erklärt Merle Baehr. Um sich weiter rechtlich abzusichern, könne es außerdem sinnvoll sein, vorab einen Anwalt zu konsultieren und die Vor- und Nachteile bestimmter Werbewege abzuwägen.

Wie man seriöse Listbroker findet

Den ersten Anhaltspunkt liefere laut der Expertin die Angabe des Firmensitzes. Dieser liege bei einem seriösen Anbieter meist in Deutschland oder Europa. Außerdem solle die telefonische Erreichbarkeit gewährleistet sein ebenso wie ein offener Umgang mit allen Fragen rund um den Datenschutz. »Ein klarer Pluspunkt ist auch eine Mitgliedschaft im Deutschen Dialogmarketing Verband, kurz DDV«, fügt Baehr hinzu. Außerdem könne es sinnvoll sein, den Adresshändler telefonisch zu kontaktieren und sich vorab beraten zu lassen. Wie oft die Datenbanken aktualisiert werden und wie sich die Preise zusammensetzen, sollte der Listbroker offen kommunizieren. In der Regel räumen sich Anbieter eine vertretbare Quote inaktueller Adressen ein, da es insbesondere im Datenhandel zu schnellen und häufigen Änderungen kommen kann. »Hierbei sollten jedoch nicht mehr als 10 Prozent der Adressen veraltet sein«, sagt Baehr. »Ein seriöser Anbieter wird in einem solchen Fall Ausgleichsadressen zur Verfügung stellen.«

Bild: Depositphotos / lofilolo

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