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»Die junge Generation wird uns das Fürchten lehren«

Einstellung

»Die junge Generation wird uns das Fürchten lehren«

Arbeitswelt und Firmenkultur befinden sich im Wandel Angestellte als dressierte Zirkuspferde? Für Verkaufsprofi und Unternehmer Tobias Beck ist das graue Vorzeit. Das Bedürfnis der Arbeitnehmer hat sich gewandelt, aber auch die Philosophie vieler Unternehmer. Wer heute gründet, braucht nicht nur Mut und Disziplin, sondern auch eine klare Vorstellung von seiner Unternehmenskultur. In unserem Interview erklärt Tobias Beck, wie das funktioniert.

Herr Beck, angehende Unternehmer brauchen nicht nur ein gutes Konzept, sondern auch Wagemut. Welches Verhältnis von Mut und Risiko sollte aus Ihrer Sicht bestehen?

Zunächst einmal ist es sehr mutig, sich selbstständig zu machen, denn nur jeder zehnte Erwerbstätige geht diesen Schritt. Warum? Unser gesamtes System ist auf An- gestellte ausgelegt. Die Masse bestimmt, wo es langgeht und dir wird ein Knüppel nach dem anderen zwischen die Beine geschmissen. Demnach ist der Schritt wahnsinnig mutig und das Risiko auch wahnsinnig hoch. Alle, die sich auf den Weg in die Selbstständigkeit machen, sollten das wissen. Was es braucht, um trotzdem erfolgreich selbstständig zu sein? Das richtige Mindset und Disziplin. Der einfache Weg ist nicht immer der richtige! Wenn du bereit bist, mindestens zehn Jahre das zu tun, wozu die Masse nicht bereit ist, wirst du danach ein Leben führen, von dem alle anderen nur träumen. Apropos träumen: Auch das ist ein Motor, um niemals aufzugeben und dem Gegenwind zu trotzen. Dream big – du brauchst ein ganz klares Bild vor Augen. All das wird aber umso schwieriger, wenn das komplette Umfeld gegen deine Pläne ist. Deshalb ist mein ultimativer Tipp: Umgib dich mit Menschen, die da sind, wo du hinwillst. Du bist die Summe der fünf Menschen, mit denen du die meiste Zeit verbringst. Umso effektiver ist es, wenn du mit mutigen Unternehmern sprichst und von ihnen lernst. Gerade bei Ratschlägen ist es Gold wert, von ihren Erfahrungen und Fehlern zu profitieren. Dein altes Umfeld wird dir nicht helfen können; besonders diejenigen nicht, die selbst angestellt sind.

Der Arbeitsmarkt befindet sich im Wandel, Generationen rücken nach, die Digitalisierung schreitet voran, die Arbeitswelt unterliegt einem Paradigmenwechsel.Was müssen Unternehmer heute beachten, um passende Mitarbeiter zu gewinnen?

Der größte Paradigmenwechsel ist, dass Mitarbeitende nicht mehr blind Aufgaben abarbeiten und brav wie trainierte Zirkuspferdchen durch einen Reifen springen und ihrem 13. Monatsgehalt entgegenfiebern. Dienst nach Vorschrift war gestern! Diese Zeit ist vorbei und das ist auch gut so. Die neuen Generationen werden uns noch das Fürchten lehren, wenn wir nicht endlich damit beginnen, das individuelle Wachstum und die Bedürfnisse des Gegenübers in den Fokus zu stellen. Mitarbeitende wollen nicht geführt, sondern gefühlt werden. Wie gelingt das? Durch Empathie und ehrliches Interesse am Gegenüber. Ich weiß alles über mein Team und kann dementsprechend fordern und fördern. Vor allem aber müssen Unternehmer lernen, sich selbst zurückzunehmen und die Vision in den Vordergrund zu rücken. Sinnhaftigkeit ist ein starker Antrieb für alle Mitarbeitenden. Deshalb ist mein Team immer wieder bei Seminaren live dabei. Dadurch spüren sie, wofür sie täglich arbeiten.

Und was müssen gute Chefs heute an Führungsqualitäten mitbringen?

Die Leader der neuen Zeit punkten mit Empathie und Entschlossenheit. Im Fokus steht, dass jedes Teammitglied andere Bedürfnis- se hat. Den eigenen Maßstab, den wir bei anderen anlegen, gilt es zu überprüfen. In der Psychologie wird es als Self-Hugging bezeichnet, wenn ich immer von mir auf andere schließe. Dieses Verhalten lässt sich aber einfach vermeiden, wenn ich ein Bewusstsein dafür schaffe. Auch beim Thema Firmenkultur tut sich einiges. Junge Unternehmen wollen oft mit Lifestyle und Benefits locken.

Wie ist das in Ihrem Unternehmen und wie beurteilen Sie das?

Wichtig ist, dass hinter den Lockmitteln auch wirklich etwas steckt und es nicht bei leeren Versprechungen bleibt. Wir leben »New Work«: Unser Team arbeitet komplett remote und eigenverantwortlich. Jeder darf in seiner Stärke arbeiten und sich individuell einbringen. Wir treffen uns regelmäßig in virtuellen Huddles für Abstimmungen und um eine offene Kommunikation zu fördern. Allein durch dieses Konzept ziehen wir selbstständig denkende Macher an. Mehrmals im Jahr treffen wir uns außerdem in unserem Office in Aschaffenburg, richten uns gemeinsam aus und sammeln Lebensmomente. Das absolute Highlight des Jahres ist unsere gemeinsame Reise an die schönsten Orte dieser Welt. Ich kann nur sagen: Glückliche Mitarbeitende sind gute Mitarbeitende. Um sich abzusetzen, braucht es eine Marke, fürs Unternehmen oder für die Person.

Welche Strategie bewährt sich aus Ihrer Sicht für eine Markenbildung?

Die Tobias Beck Academy ist eine Personenmarke und ich bin fest davon überzeugt, dass Menschen sich – wenn die Richtung zu 100 Prozent klar definiert wird – um die Vision herumstellen und es zu ihrer machen. Um in der Fülle der Angebote nicht unterzugehen, lautet die Regel Nummer eins: Normal is boring! Sei anders und du bleibst im Kopf! Der Schlüssel zum Erfolg liegt am Ende oft im Verkauf.

Was ist aus Ihrer Sicht das Wichtigste dabei?

Der Schlüssel für die Wirtschaft der neuen Zeit: Menschen begeistern und berühren! Am effektivsten gelingt das mit authentischen Geschichten und den Werkzeugen der freien Rede. Das nutzen aber die wenigsten. Wenn ich die ganzen Instagram »High Ticket Loser« – sorry, »Closer« – sehe, muss ich mich übergeben. Verkauf bedeutet, eine Beziehung zu Kunden aufzubauen, die auf Vertrauen und gelebten Werten aufgebaut ist. Beim Verkauf von Seminaren geht es darum, den Kunden zu helfen, eine Entscheidung zu treffen, die ihr Leben für immer verändern kann.

Unser Gesprächspartner: Tobias Beck ist Start-up-Gründer und »Spiegel«-Bestsellerautor. Als internationaler Speaker hält er seit mehr als 20 Jahren weltweit Trainings und Keynotes, als Coach berät er CEOs großer Unternehmen. 

Aus: founders Magazin ePaper 46

Bild: Partick Reymann

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