Immer weniger Menschen in Deutschland wollen ein Unternehmen gründen und sich selbstständig machen. Zu diesem besorgniserregenden Ergebnis kommt die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) in ihrem diesjährigen Report Unternehmensgründung.
»Der Negativtrend bei den Gründungen ist eine ernstzunehmende Gefahr für unsere Wirtschaft“, warnt DIHK-Präsident Peter Adrian angesichts der aktuellen Auswertung. »Dem deutschen Mittelstand droht nach und nach das Fundament wegzurutschen.«
Vor allem klassische Branchen wie der Handel, Dienstleistungen sowie das Gastgewerbe seien betroffen. Die DIHK fordert umgehend Aktivitäten der Politik für ein unternehmerfreundlicheres Umfeld.
Mit der Umfrage analysiert die DIHK regelmäßig die aktuellen Entwicklungen beim Gründungsgeschehen in Industrie, Handel und Dienstleistungsbranchen. Grundlage sind diesmal Berichte von 350 Beraterinnen und Beratern für Existenzgründung der regionalen Industrie- und Handelskammern (IHKs).
Demnach seien nicht nur im vergangenen Jahr die Beratungsgespräche zu Neugründungen zurückgegangen, berichtet Adrian, vor allem langfristig sei die Entwicklung stark negativ. »Seit 13 Jahren interessieren sich stetig weniger Menschen für eine Gründung, es ist der Tiefpunkt seit Beginn der Erhebung.«
So hatten die IHKs im Jahr 2010 noch 431.000 Gespräche geführt, im vergangenen Jahr interessierten sich nur noch 154.800 Menschen für Informationen und Beratung zur Gründung. Das sind deutliche 42 Prozent weniger als im Vorkrisenjahr 2019 – ein solch starker Rückgang ist in keiner Weise allein mit der demografischen Entwicklung zu erklären. Selbst in Zukunftsbranchen wie Informations- und Kommunikationstechnologie oder unternehmensnahe Dienstleistungen flaut das Interesse massiv ab.
Neuer Gründungselan dringend erforderlich
»Viele Menschen sind verunsichert und scheuen den Schritt in die Selbstständigkeit«, erklärt der DIHK-Präsident die Entwicklung. Und er warnt: »Uns geht dadurch ein großes unternehmerisches und wirtschaftliches Potenzial verloren.« Gründungswillige müssten wieder den Mut bekommen, sich auszuprobieren, innovative Ideen zu verfolgen und ein Unternehmen zu errichten.»Wir brauchen dringend wieder einen neuen Gründungselan«, so Adrian.
Ein erfreuliches Ergebnis aus der aktuellen Erhebung: Das Gründungsinteresse von Frauen ist stabil. Für sie zählen insbesondere Flexibilität und bessere finanzielle Anreize sowie, dass sie einen gesellschaftlichen Beitrag leisten können.
»Natürlich hinterlässt die demografische Entwicklung Spuren«, sagt Peter Adrian. Die gründungsstarken Jahrgänge zwischen 18 und 35 Jahren dünnten aus. Zudem fänden gerade gut qualifizierte Menschen lukrative Möglichkeiten in Festanstellungen oder im öffentlichen Dienst – gerade in Zeiten des Fachkräftemangels.
Macherinnen und Macher werden abgeschreckt
Gleichzeitig werden die Jungunternehmer der Umfrage zufolge aber vor allem von unsicheren Rahmenbedingungen abgeschreckt, etwa den Auswirkungen des Krieges in der Ukraine, den hohen Energiekosten und der hartnäckigen Inflation sowie bürokratischen Hürden. Die IHKs berichteten, dass manche Gründungswillige ihr Vorhaben aufschieben, um das Geschäftsmodell eventuell neuen Gegebenheiten anzupassen.
Es sei dringend geboten, das Unternehmertum in Deutschland stärker in den Fokus zu rücken, mahnt Peter Adrian: »Dies ist eigentlich die Zeit der Macherinnen und Macher. Mit der digitalen Transformation, der Energiewende und den Chancen der Künstlichen Intelligenz warten viele Herausforderungen auf uns. Ich appelliere an die Politik, gezielt Anreize zu setzen, damit wieder mehr Menschen mit Freude ein Unternehmen gründen.«
Quelle: Pressemitteilung DIHK (gekürzt)
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