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Nachhaltigkeit in der Firmengründung: Nicht zu unterschätzen!
Wer ein Unternehmen gründen will, muss bekanntermaßen eine Vielzahl von Herausforderungen meistern. In den vergangenen Jahren gesellte sich zu den alten Bekannten wie Finanzen und Konkurrenz jedoch auch das Thema Nachhaltigkeit hinzu. Philipp Boros und Aaron Brück, die Gründer und Geschäftsführer der Seals Group, erklären im Interview, warum man als Gründer diesen Aspekt auf keinen Fall außer Acht lassen sollte und welche Chancen sie für die Unternehmensgründung während der Energiewende sehen.
Herr Boros, Herr Brück, ist die Unternehmensgründung heutzutage schwieriger geworden durch viele neue Vorgaben zum Thema Energie und Nachhaltigkeit?
Die Gründung eines Unternehmens ist heute in vielerlei Hinsicht anspruchsvoller geworden, insbesondere durch die zunehmenden neuen Regeln und Gesetze rund um Energie und Nachhaltigkeit. Unternehmer müssen von Anfang an nachhaltige Ansätze in ihre Geschäftsmodelle integrieren, was oft zusätzliche Investitionen in umweltfreundliche Technologien erfordert. Das macht den Start schwieriger und erfordert mehr Planung. Daher ist es wichtig, sich vorab gut über die geltenden Vorschriften zu informieren und Nachhaltigkeit als festen Bestandteil der Unternehmensstrategie zu betrachten.
Wir möchten Gründer jedoch ausdrücklich ermutigen, den Schritt in die Selbstständigkeit trotz der hohen Einstiegshürden zu wagen. Wir haben diese Herausforderungen von Anfang an angenommen und Nachhaltigkeit fest in unsere Strategie integriert. Hartnäckigkeit und kontinuierliche Weiterentwicklung zahlen sich aus.
Unterschätzen Gründer häufig die Bedeutung, die die Energie für ihr Unternehmen hat?
Ja, viele Gründer unterschätzen tatsächlich die Bedeutung der Energieversorgung für ihr Unternehmen, insbesondere in den frühen Phasen der Gründung. Dabei spielt nicht nur der aktuelle Energieverbrauch eine Rolle, sondern auch die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens. Wirtschaftsauskunfteien wie die Schufa oder Creditreform bewerten zunehmend auch die Nachhaltigkeit von Unternehmen, um deren Bonität einzuschätzen. Eine ineffiziente oder unsichere Energieversorgung kann somit nicht nur die Betriebskosten erhöhen, sondern auch langfristig die Kreditwürdigkeit beeinträchtigen.
Das Problem beginnt oft damit, dass der Einfluss der Energie auf den Geschäftserfolg gar nicht hinterfragt wird, solange der Strom reibungslos fließt. Doch gerade in energieintensiven Branchen wie der Produktion oder im IT-Sektor können die Energiekosten einen erheblichen Anteil an den Betriebsausgaben ausmachen. Eine vorausschauende Planung und eine kosteneffiziente Energieversorgung bieten hier nicht nur Stabilität, sondern können für junge Unternehmen auch einen echten Wettbewerbsvorteil darstellen. Besonders in Zeiten volatiler Energiepreise sollten Gründer frühzeitig darüber nachdenken, wie sie ihren Energieverbrauch optimieren, auf erneuerbare Energien umstellen oder sich gegen Preisrisiken absichern können.
Welche Möglichkeiten bietet die Energiewende Gründern, eine langfristige Energiestrategie zu entwickeln?
Die einfachste Möglichkeit ist es, erneuerbare Energien wie Solar- und Windkraft in die eigene Energieversorgung zu integrieren. Gründer können beispielsweise durch Investitionen in eigene Photovoltaikanlagen oder durch den Bezug von grünem Strom ihre Energiekosten langfristig senken. Auch moderne Technologien wie Smart Grids, Energiespeicherung oder Gebäudemanagement bieten zusätzlich die Chance, den Energieverbrauch zu optimieren und dadurch Kosten zu sparen. Das geht natürlich nur, wenn die Gründer auch Eigentümer der Büroimmobilie sind. Wichtig ist aber, dass sich Gründer mit dem Thema Energieversorgung und Nachhaltigkeit beschäftigen und zumindest mit einer Überprüfung des eigenen Strom- und Gastarifs damit anfangen, den Grundstein für eine langfristige Energiestrategie zu legen.
Darüber hinaus ist die Energiewende eins der fünf größten Wachstumsfelder der Zukunft und eröffnet Gründern zahlreiche neue Geschäftsfelder. Start-ups, die beispielsweise innovative Lösungen für Energieeinsparung, nachhaltige Mobilität oder auch nachhaltigen Vertrieb anbieten, haben eine riesige Chance, sich in einem wachsenden Markt mit Zukunft zu etablieren. Die Energiewende ist somit nicht nur eine Herausforderung, sondern vor allem auch eine große Chance für viele Unternehmen, sich langfristige Erfolge zu sichern oder neue Geschäftsmodelle zu entwickeln.
Welche Branchen und Unternehmenszweige sind am stärksten von der Energiewende betroffen?
Die Energiewende betrifft besonders stark Branchen mit hohem Energieverbrauch oder direktem Bezug zur Energieversorgung. Dazu gehören die Energieerzeugung sowie energieintensive Industrien wie Stahl, Chemie und Zement, die ihre Prozesse effizienter gestalten müssen. Auch die Automobilbranche ist durch den Wandel zur Elektromobilität erheblich betroffen. Bauwesen und Immobilien müssen verstärkt auf Energieeffizienz setzen; Transport und Logistik sind angewiesen, emissionsärmere Antriebe zu integrieren. Und auch in der Landwirtschaft spielt die nachhaltige Nutzung von Ressourcen eine wachsende Rolle.
Für all diese Branchen gilt: Es ist entscheidend, jetzt aktiv zu handeln und die eigenen Prozesse auf den Prüfstand zu stellen. Unternehmen müssen sich fragen, inwieweit sie ihre Effizienzpotenziale bereits ausgeschöpft haben und welche weiteren Schritte notwendig sind, um den Anforderungen der Energiewende gerecht zu werden. Oft lassen sich durch gezielte Investitionen in neue Technologien oder durch die Umstellung auf erneuerbare Energien nicht nur gesetzliche Vorgaben erfüllen, sondern auch langfristige Kosteneinsparungen erzielen. Wer frühzeitig handelt, kann sich zudem Wettbewerbsvorteile sichern, während Unternehmen, die zu zögerlich sind, unter wachsendem Druck von Regulierungen und steigenden Energiepreisen leiden werden.
Welche Branchen sind durch die Energiewende neu entstanden?
Durch die Energiewende sind mehrere neue Branchen entstanden oder noch mehr in den Fokus gerückt, darunter die erneuerbare Energieerzeugung, insbesondere in den Bereichen Solar- und Windkraft. Auch die Speichertechnologie für Strom, etwa durch Batterien und innovative Energiespeicherlösungen, hat sich stark entwickelt. Zudem ist die E-Mobilität mit der Produktion von Elektrofahrzeugen und der dazugehörigen Ladeinfrastruktur zu einem wachsenden Markt geworden. Weitere neue Branchen sind die grüne Wasserstofftechnologie sowie Unternehmen, die sich auf Energieeffizienz und Smart Grids spezialisiert haben, um die Energieverteilung zu optimieren.
Unsere Gesprächspartner:
Aaron Brück und Philipp Boros sind Experten für Energiewirtschaft und Vertrieb sowie die Gründer und Geschäftsführer der Seals Group, die sich auf Vertriebsdienstleistungen für Stadtwerke und Energieversorger spezialisiert hat. Das Unternehmen wurde von FOCUS Business und Statista zum Wachstumschampion 2025 ausgezeichnet und gehört zu den TOP 20 der am schnellsten wachsenden Unternehmen Deutschlands.
Bild: KNALLBUNT & EDEL