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Wem die Reichen ihr Erbe anvertrauen
Wohlhabend zu sein, heißt nicht, sorgenlos zu sein. Der Schutz des Vermögens ist besonders aktuell eine Herausforderung. Hinzu kommen Konstellationen innerhalb der Familie, die konfliktträchtig sein können. Deshalb ist es wichtig, sich beizeiten um die Zukunft seines Geldes Gedanken zu machen. Ein hilfreiches Konstrukt kann hier eine Familienstiftung sein, um sensible Punkte auszuräumen und seine Wünsche absichern zu können. Rico Müller ist Experte für komplexe Stiftungs-, Erbschafts- und Strukturfragen und erklärt in unserem Interview, für wen sich eine Familienstiftung eignet und wo die Fallstricke liegen.
Herr Müller, für wen sind Familienstiftungen interessant und was sind die Vorteile?
Familienstiftungen sind für Familien oder Einzelpersonen interessant, die ihr Vermögen langfristig sichern, verwalten und für künftige Generationen erhalten möchten. Sie dienen als rechtliche Struktur, um das Familienvermögen zu bündeln und bestimmte Zwecke zu verfolgen, die im Stiftungszweck festgelegt werden. Die Vorteile von Familienstiftungen sind vielfältig:
Durch die klare Festlegung des Stiftungszwecks wird sichergestellt, dass das Vermögen für die individuellen Ziele der Familie genutzt wird. Familienstiftungen ermöglichen es, Vermögenswerte frühzeitig zu übertragen und eine klare Struktur für die Nachfolgeplanung zu schaffen. So können steuerliche und erbrechtliche Vorteile genutzt und Streitigkeiten innerhalb der Familie vermieden werden. In einigen Jurisdiktionen bieten Familienstiftungen zudem Schutz vor Gläubigern und möglichen Klagen, da das Vermögen rechtlich von den begünstigten Familienmitgliedern getrennt ist. Die Flexibilität bei der Verwaltung des Vermögens bleibt erhalten. Die Familie kann einen Stiftungsrat einrichten, der die strategischen Entscheidungen trifft, oder eine externe Stiftungsverwaltung beauftragen. Und: Im Gegensatz zu anderen Strukturen wie Unternehmen ist die Stiftung in vielen Fällen nicht öffentlich registriert, was eine gewisse Anonymität und Privatsphäre gewährleisten kann.
Welche Voraussetzungen müssen für die Gründung einer Familienstiftung vorliegen?
Die Familienstiftung muss einen klaren und legalen Zweck haben. Dieser kann darin bestehen, das Vermögen der Familie zu verwalten, das Familienunternehmen zu erhalten, soziale und wohltätige Zwecke zu fördern oder Bildungs- und Kulturförderung zu betreiben.
Die Stiftung benötigt zudem eine angemessene Vermögensausstattung, um ihre Ziele zu erreichen. Dies kann in Form von Geld, Immobilien, Unternehmensanteilen oder anderen Vermögenswerten erfolgen. Ebenso ist eine ausführliche Stiftungssatzung nötig. Und es ist wichtig, dass die Stiftung alle erforderlichen steuerlichen Verpflichtungen und Transparenzanforderungen erfüllt.
Welche juristischen Unterschiede gibt es zwischen Familienstiftung, Familiengesellschaft und Testament, bzw. Ehevertrag?
Eine Familienstiftung ist eine eigene juristische Person und agiert somit rechtlich unabhängig von den Familienmitgliedern, die Begünstigte der Stiftung sind. Durch die Stiftungssatzung kann die Stiftungsstruktur flexibel gestaltet werden, um den Bedürfnissen und Zielen der Familie gerecht zu werden. Eine Stiftung bietet in der Regel mehr Schutz vor Gläubigern im Vergleich zu einer Familiengesellschaft.
Diese ist wiederum eine Gesellschaftsform, die von mehreren Familienmitgliedern gemeinschaftlich gegründet und betrieben wird. Sie kann in Form einer Personengesellschaft wie einer GbR oder einer Kapitalgesellschaft wie einer GmbH vorliegen. Ziel ist es, das Familienvermögen oder gemeinsame Geschäftsinteressen zu verwalten und zu nutzen.
Ein Testament ist eine einseitige Verfügung von Todes wegen, in der eine Person festlegt, wie sein Vermögen nach dem eigenen Tod verteilt werden soll. Testamentarische Regelungen beziehen sich normalerweise auf die Nachlassverteilung und Erbfolge, während eine Familienstiftung oder Familiengesellschaft auch lebzeitige Regelungen zur Verwaltung des Vermögens ermöglichen. Und ein Ehevertrag betrifft ausschließlich die rechtlichen Beziehungen zwischen den Ehepartnern.
Ein Teil des Vermögens kann auch durch die Investition in bestimmte Assets geschützt werden. Welche Assets sind das Ihrer Ansicht nach und warum?
Es gibt eine Reihe von Assets, die ein Teil des Vermögens schützen können. Gold gilt seit langem als sicherer Hafen und Wertreserve in Zeiten wirtschaftlicher Krisen. Neben Gold werden auch andere Edelmetalle wie Silber, Platin und Palladium als mögliche Absicherung betrachtet. Anleihen, die von stabilen Ländern oder Regierungen ausgegeben werden, gelten auch als sicher.
Immobilieninvestitionen können dazu beitragen, Vermögen zu schützen, da sie physische Vermögenswerte sind und langfristige Werte bieten können. Stabile Dividendenaktien werden manchmal als eine Möglichkeit betrachtet, Einkommen und einen gewissen Schutz vor Volatilität zu bieten. Auch Bargeld oder liquide Mittel können in unsicheren Zeiten als Schutz dienen, denn wenn andere Anlageklassen volatil sind, kann Bargeld dazu beitragen, Verluste zu begrenzen und auf attraktivere Investitionsmöglichkeiten zu warten. Auch ein breit diversifiziertes ETF-Portfolio bietet sich an. Grundsätzlich ist eine ausgewogene Vermögensaufteilung ratsam.
Der gesamte Prozess der Vermögenssicherung ist gespickt mit juristischen oder steuerlichen Fallstricken. Was sind hier die häufigsten Fehler?
Die Errichtung einer privatnützigen Familienstiftung zur Vermögenssicherung ist in der Tat ein komplexer Prozess. Ein großer Fehler besteht darin, die Errichtung einer Stiftung ohne ausreichende Planung voranzutreiben. Es ist wichtig, klare Ziele und Zwecke für die Stiftung zu definieren. Die Unterstützung durch Fachleute wie Anwälte, Steuerberater und Vermögensverwalter ist daher unerlässlich. Eine Stiftung ist ein rechtliches Konstrukt, und es ist wichtig, dass alle erforderlichen rechtlichen und steuerlichen Aspekte sorgfältig berücksichtigt werden. Eine falsche Strukturierung kann zu steuerlichen Nachteilen oder rechtlichen Problemen führen.
Die Vermögensverwaltung ist auch ein kritischer Aspekt. Ein schlechtes Management kann zu finanziellen Verlusten führen und das Stiftungsvermögen gefährden. Zudem haben Stiftungen bestimmte Berichts- und Aufzeichnungspflichten gegenüber den Behörden. Es ist wichtig, dass alle Familienmitglieder über die Ziele und Abläufe der Stiftung informiert sind, um Missverständnisse und Konflikte zu vermeiden.
Viele Menschen unterschätzen auch die potenziellen Risiken, denen ihr Vermögen ausgesetzt ist. Eine gründliche Risikobewertung ist entscheidend, um die richtigen Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Wichtig ist auch ein angemessener Notfallfonds, um unvorhergesehene finanzielle Herausforderungen bewältigen zu können. Lebensumstände ändern sich im Laufe der Zeit, und es ist wichtig, die Vermögenssicherungsstrategie regelmäßig zu überprüfen und anzupassen.
MK
Unser Gesprächspartner: Rico Müller ist Managing Consultant bei Rettig & Partner mit den Schwerpunkten Gründung Familienstiftungen, vermögensverwaltende GmbHs, steueroptimierte Konstrukte und Beratung von Unternehmern und Führungskräften.
Bild: Rettig & Partner