Story
Sein Geschäftsfeld heißt Innovation – Wie Lars Behrendt die Welt effizienter gestalten will
Ob Schweigekloster-Hotel oder physikalische Finanzlösungen – mit seiner Agentur setzt Lars Behrendt innovative Ideen um. Doch was zeichnet diese eigentlich aus? Wir haben mit dem »Innovationsmacher« über unerschlossene Geschäftsfelder, zukunftsfähige Lösungen und sein neues Projekt, eine Ride-Hailing-Lösung, gesprochen.
Herr Behrendt, Sie sind Gründer einer Agentur, deren Ziel es ist, innovative Ideen umzusetzen. Woran lässt sich eine innovative Idee überhaupt erkennen?
Überhaupt nicht. Das ist genau das Problem. Selbst die besten Experten der Welt sind oftmals nicht einmal in der Lage, eine innovative Idee zu erkennen, selbst wenn diese buchstäblich vor ihren Augen liegt. Wir hatten genau diesen Effekt schon sehr oft in unserer Laufbahn. Deshalb gehen wir heute so vor, dass wir neue Lösungen direkt am Markt mit echten Kunden und Kundinnen testen. Das liefert die einzige valide Antwort, die wir brauchen.
Sie kooperieren derzeit mit dem Interdisziplinären Zentrum für Recht der Informationsgesellschaft (ZRI) und der Abteilung Wirtschaftsinformatik / VLBA der Universität Oldenburg, um eine Ride-Hailing-Lösung auf den Markt zu bringen. Was hat es damit auf sich?
Trotz aller innovativer neuer Mobilitätslösungen gibt es ja immer noch Staus und die Herausforderung der »letzten Meile«. Es fehlt einfach eine Mobilitäts-Innovation, die wirklich das Verkehrsproblem löst. Beispiel Elektromobilität – was nützt es uns, wenn wir im Elektroauto im Stau stehen oder vergeblich auf Parkplatzsuche sind, beziehungsweise Individual-Mobilität immer noch insgesamt viel zu teuer ist für einen Großteil der Bevölkerung? Deshalb entwickeln wir gerade eine Social-Driving-Lösung, die auf den bereits vorhandenen Verkehr setzt – die sogenannten »Sowieso-Fahrten«. Gerade in Deutschland gab es aber einige rechtliche und vor allem technologische Hürden zu nehmen.
Was ist Ihrer Ansicht nach das Innovative an diesem Projekt?
Zurzeit sind im Durchschnitt pro Autofahrt 1,3 Plätze belegt. Dabei entsteht ein Großteil des Verkehrsaufkommens durch Pendelfahrten. Es gibt zwar Plattformen, wo sich PendlerInnen – relativ aufwendig – mit anderen zum gemeinsamen Fahren verabreden können. Was es aber nicht gibt, ist eine Lösung die instant, also sofort, funktioniert. Genau hier greifen wir mit »Instaride« an. Dieses ist eine digitale MitfahrerInnen-Anwendung, die alles sofort und im Hintergrund abwickelt: Matching, Bezahlung beziehungsweise Abrechnung, Sicherheit und so weiter. Ich muss als Nutzer nur noch sagen, wohin ich möchte, und die App koordiniert den Rest.
Neben diesem sind auch andere Projekte, deren Realisierung Sie unterstützen oder unterstützt haben, sehr technikaffin. Ist der Einsatz von Apps und Co. in Zeiten der Digitalisierung ein Muss oder ist dies branchenabhängig?
Wir machen immer das, was der Markt nachfragt. Zurzeit geht es primär darum, Kosten zu sparen. Die letzten zehn Jahre waren sehr stark von technologischen Projekten geprägt, Smarthome, Cloud, neue Mobilitätslösungen etc., aber wir haben auch schon ganz andere Dinge »gebaut«: zum Beispiel ein Schweigekloster-Hotel, einen einklappbaren Einkaufswagen oder auch physikalische Finanzprodukte. Digitalisierung ist nach wie vor ein großes Thema, aber es gibt auch zahlreiche andere Trends, die zunehmend die führende Rolle übernehmen.
Welche Innovationstrends stellen Sie als Innovationsexperte derzeit fest? Gibt es zurzeit etwa bestimmte Branchen, die besonders innovativ sind oder spezifische Ziele, die mit Innovationen erreicht werden sollen?
Ich bin einfach schon zu lange in dem Geschäft, um an Nachhaltigkeit oder Umweltschutz als Hauptantrieb zu glauben. Dieser ist und bleibt »Geld verdienen«. Alles andere wird zwar schon mitgedacht, ist aber meines Erachtens nicht das führende Entscheidungskriterium. Was die jeweiligen Branchen anbelangt, so fällt zumindest in Deutschland eines auf: Obwohl jeder weiß, dass in Krisenzeiten genau diejenigen investieren sollten, deren Geschäftsmodell gefährdet ist, ist es in der Praxis genau andersherum. Diejenigen, bei denen die Kriegskasse gefüllt ist, geben auch Geld für Innovation aus. Diejenigen, bei denen dieses nicht der Fall ist, aber dringend Innovation betreiben müssten, tun dieses so gut wie gar nicht. Traurig, aber wahr.
In welchen Bereichen sehen Sie momentan den größten Bedarf an Innovation und warum?
Ich hab das in meinem Buch ja schon geschrieben: Psychosoziale Gesundheit, weil wir trotz immer höherer Komforts zunehmend Burnouts und unzufriedene Mitarbeiter verzeichnen. Außerdem natürlich Klimawandel, aber auf einem gänzlich anderen Pfad als bisher. Kein Unternehmen wird ernsthaft eine Klimalösung bauen, wenn es damit kein Geld verdient, aber genau hier gibt es schon erste spannende Lösungsansätze. Drittes Thema ist der demografische Wandel. Hier erstreckt sich ein unfassbar spannendes Geschäftsfeld, das mehr oder weniger unerschlossen ist und Raum für vollkommen neue Marken und Geschäftsmodelle bietet, die regelrecht dankbar vom Markt aufgesogen werden.
Bilder: Granny & Smith
AS