Erfolg
Closing-Calls: die Spitze des Eisbergs? Ein Closer verrät, worum es wirklich geht
Kommunikation dient nicht nur der Kontaktaufnahme, sie prägt unser soziales Miteinander und kann im Zweifel sogar über Erfolg oder Misserfolg entscheiden. Sie ist auch die Leidenschaft und Lebensgrundlage von Fabian Pietsch. Seit mehreren Jahren bringt er als Closer Geschäfte für andere zum Abschluss. Doch was braucht es, um in diesem Business erfolgreich zu sein? Darüber haben wir mit ihm in unserem Interview gesprochen.
Herr Pietsch, wie wird man von einem Industriemechaniker zum Closer?
Ich glaube, Sie wären erstaunt, welche Menschen sich bei mir im Training entschieden haben, Closer zu werden! Ich kenne mittlerweile viele Handwerker, Büroangestellte, alleinerziehende Mütter, Studenten und sogar ehemalige Ärzte, die sich entschieden haben, umzudenken und Closer zu werden.
Bei mir war es so, dass ich immer mehr wollte vom Leben und selber entscheiden wollte, wann, wie viel und vor allem wo ich arbeite. Ich wollte nicht eingeschränkt sein und jeden Monat dasselbe verdienen, egal, wie hart oder wie wenig ich gearbeitet hatte. Ich wollte endlich mal nach Leistung bezahlt werden und nicht auf meinen Lohn limitiert werden.
Da ich immer ein Mensch war, der sich super gerne unterhalten hat und Freunde bei Problemen zu Seite stand, beziehungsweise beraten habe, wollte ich diese Leidenschaft zu meinem Beruf machen.
Egal, ob ich Freunde bei Ihren Reparaturen von Autos, Beziehungen oder Sport beraten habe, ich habe es immer geliebt, mich auszutauschen und Menschen eine neue Perspektive auf ein Problem zu verschaffen.
Durch Closing konnte ich diese Leidenschaft letztendlich zu meinem Beruf machen. Am Anfang nebenberuflich und als die Closing-Einnahmen meinen Hauptjob überstiegen haben, habe ich mich dazu entschieden, mich zu 100 Prozent auf das Closing zu fokussieren.
Heute erzielen Sie Umsätze in Millionenhöhe. Was macht Ihrer Ansicht nach einen guten Closer aus?
Wichtig ist immer, man selbst zu bleiben und sich nicht künstlich zu verstellen. Jeder Mensch ist individuell und hat eigene Stärken, die man herauskitzeln muss.
Als entscheidend Faktor sehe ich auch, Menschen neue Perspektiven aufzeigen zu können. Viele Leute denken, man muss hier sein Gegenüber »bequatschen«, was allerdings ein absoluter Trugschluss ist. Als Closer sollte man eher ein guter Zuhörer sein und zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Fragen stellen. In etwa so wie ein Psychologe, der durch die richtigen Fragen sein Gegenüber hilft, die eigenen Problemstellungen besser reflektieren zu können und so von selbst auf eine Lösung und zu Entscheidungen kommen lässt.
Um das zu schaffen, muss man lernen, Menschen richtig zu deuten und durch Empathie und emotionaler Intelligenz eine gute Verbindung herzustellen. Ich bin der Meinung, dass diese Fähigkeit in jedem schlummert und bereits angeboren ist. Die meisten Leute haben aber nie aktiv an ihren Kommunikations-Skills gearbeitet und haben noch viel Potenzial mit dem richtigen Training.
Oftmals sind Closing-Calls wie ein Eisberg: Man sieht nur die Spitze, also das oberflächliche Gespräch. Warum man aber gewisse Fragen stellt, bei welchen Fragen man tiefer reingeht und wieso ein Mensch sich am Ende für ein Produkt entscheidet, liegt im Detail.
Für maximalen finanziellen Erfolg sind natürlich auch die Auftraggeber wichtig, die einen letztendlich vergüten. Gerade Neulinge können oft nicht einschätzen, welche Aufträge besonders lukrativ sind oder wie man überhaupt an welche kommt. Genau daher kümmere ich mich auch gerne um die Vermittlung von Aufträgen, bringe Menschen bei, über welche Kanäle sie an die besten Aufträge kommen und wie man selbstbewusst auftritt und seine potenziellen Auftraggeber von sich sogar als Anfänger überzeugt.
Wer sich als Außenstehender über das Closing-Business informieren möchte, findet kaum »Hard Facts«. Woran liegt das Ihrer Ansicht nach?
Tja, ich denke, das liegt zum einen daran, weil das Business ziemlich lukrativ ist und wenige Menschen daher die Karten auf den Tisch legen. Man findet online schon einige Beiträge, aber die wenigsten Menschen haben wirklich aktiv als Closer in dem Markt mitgespielt.
Ebenso ist das Closing in der heutigen Form relativ modern. Durch digitale Dienstleistungen und Zahlungsmöglichkeiten sind Methoden, die vor wenigen Jahren noch gang und gäbe waren, mittlerweile schon veraltet. Die digitale Leadgenerierung, die digitalen Zahlungen und das Arbeiten von dem Internet aus haben den Markt auf ein neues Level gebracht und dementsprechend gibt es noch nicht so viele Hard Facts.
Ein Hard Fact ist jedoch, dass gerade der High Ticket Bereich, indem Provisionen von 300 bis 1.200 Euro pro erfolgreichen Closing-Call marktüblich sind, aktuell einen großen Boom hat.
Was sollten Einsteiger über den Markt wissen und wo können sie sich informieren?
Erst einmal sollte man sich bewusst machen, dass Closing ein Teil von jedem Unternehmen ist, welches Beratungen, Coachings, Dienstleistungen, Softwares und Vieles mehr anbietet. Das heißt, dass man als Closer in nahezu allen Nischen arbeiten kann – sei es Ernährung, Fitness, Dating, Business-Aufbau, Spiritualität, Gesundheit, Informationstechnik, Haustiererziehung, etc.
Wenn man also Stärken, Interessen oder Hobbies hat, die man mit einer Nische verbinden kann, ist dies schon die halbe Miete.
Was es dann benötigt, ist die Fähigkeit richtig zu closen, Gespräche zu führen und einfach ein Experte in der Kommunikation zu werden. Dieser Skill ermöglicht einen, in nahezu jeder Nische Fuß zu fassen und Deals für seine Auftraggeber abzuwickeln.
Ebenso empfehle ich, ein offenes Auge für Werbeanzeigen auf Social Media zu haben. Sie kennen bestimmt viele Werbeanzeigen von Coaches, Beratern oder Softwarelösungen. Enorm viele dieser Unternehmen beschäftigen Closer, welche die Erstgespräche führen. Der Markt ist also enorm groß und vielseitig und eine kleine Recherche auf den Webseiten gibt ein gutes Gefühl, welche Produkte eigentlich dahinterstehen und wie die Prozesse laufen.
Wie sieht ein typischer Tag als Closer für Sie persönlich aus – stellt sich so etwas wie Alltag überhaupt ein?
Hier kann ich ihnen ein paar kleine Beispiele von ehemaligen Teilnehmern geben. Zum Beispiel haben wir eine Dame, die alleinerziehende Mutter ist. Am Morgen bringt sie ihre Tochter in die Kita nach dem gemeinsamen Frühstück, dann fährt sie Nachhause und ist aktiv drei bis vier Stunden dabei, zu closen. Nachdem sie ihre Tochter abholt, spielt sie etwas mit ihr, macht ihr Essen und wenn die Kleine dann etwas TV schaut, arbeitet sie nochmal zwei Stunden.
Ein guter Freund von mir ist mittlerweile digitaler Nomade. Er fliegt jeden Monat in ein anderes Land innerhalb von Europa, mietet sich eine Airbnb-Wohnung und closed dann mit den schönsten Aussichten auf das Meer. Abends geht er oft in Bars oder in Restaurant und am Morgen zum Fitness. Wenn er mal die Gegend erkunden möchte, spricht er das mit seinem Auftraggeber ab und macht auch mal ein paar Tage am Stück frei.
Als ich damals angefangen habe, war es mein Ziel, mir einen großen finanziellen Puffer aufzubauen. Ich habe daher wirklich sechs Tage die Woche jeden Tag geclosed. Sonntag war Zeit mit der Familie, aber ansonsten war ich den ganzen Tag zu Hause, habe geclosed und zwischendurch mit meinem Hund gespielt.
Der typische Alltag hängt also ganz davon ab, wie man sein Leben gestalten möchte. Ob man um die Welt reisen will, viel Zeit mit seiner Familie verbringen möchte oder in einem Monat mehr verdienen will als andere Menschen fast in einem Jahr.
Der digitale Fortschritt und insbesondere die KI haben in einigen Branchen bereits für Veränderungen gesorgt. Inwieweit trifft das auch auf das Closing zu – wie wird sich das Business in den kommenden Jahren entwickeln?
KI und Digitalisierung haben bereits viele Jobs verändert, beziehungsweise überflüssig gemacht. Closing wird meiner Meinung nach jedoch einer der letzten Jobs sein, der nicht davon ersetzt wird.
Denn was alle Menschen wollen, ist Kontakt mit anderen »echten« Menschen. Egal ob in der Krankenpflege, im Altenheim oder auch bei der Beratung von Produkten. Man spricht lieber mit einem Menschen mit Emotionen und Lebenserfahrung anstatt einer KI.
Von daher denke ich, dass Closing nicht nur extrem zukunftssicher ist, sondern auch durch KI vereinfacht werden kann. WhatsApp oder SMS-Nachrichten können mit KI formuliert werden und einen den lästigen Part abnehmen. Selbst Argumentationslogiken kann man sich problemlos von KI generieren lassen. Für die Umsetzung, Beratungsgespräche und Closing-Calls ist dann aber wieder der Mensch hinter der Technik gefragt.
Unser Gesprächspartner:
Fabian Pietsch ist Closer. Als Gründer der Community »Das Closing System by Fabian Pietsch« unterstützt er andere dabei, sich als Closer selbstständig zu machen.
Beitragsbilder: Fabian Pietsch
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